Tag 2, Mittwoch 4. Juni 2014


Der Plan:

Heute wird zuerst im Zug gefrühstückt, das Auto abgeladen und dann die Speicherstadt besucht. Dann geht's über Ratzeburg zum Hotel "Landhaus Streeck". Eventuell noch ein Abstecher auf die Insel Poel.



In Echt:

Frühstück gibt es beim gebuchten Liegewagen nicht. Macht nichts, wir kommen ja um 8:09 in Hamburg-Altona an, das ist früh genug. Allerdings kommen wir zwar pünktlich am Hamburger Stadtrand an, aber bis wir am Bahnsteig unser Auto vom Zug fahren können, ist es ungefähr 9 Uhr. Wir fahren in die Nähe der Speicherstadt und frühstücken mit Blick auf die Elbphilharmonie-Baustelle sehr lecker und günstig in einer Bäckerei mit wackeligem Tisch auf dem Gehweg. Frisch gestärkt laufen wir zur Speicherstadt, die sich größtenteils im renovierten Kleid zeigt. Auf unsere Frage hin, was man denn da so für eine Wohnung zahlt, verdreht der Einheimische die Augen und sagt: "Fragen Sie lieber nicht..." Als wir genug gesehen haben, brechen wir auf Richtung Ratzeburg, obwohl unsere Mitfahrer im Autozug aus Hamburg sagten: "No jo, ganz normal ist das da eben." Nach den 60 km sind noch ungefähr 45 % im Akku, wir haben beschlossen, während unserer Besichtigung der Stadt auf der Insel dem Stromer eine neues Abblendlichtbirnchen zu spendieren und gleich einen ersten Test zu starten, ob wir an einer Tankstelle auch Strom tanken können. Die Antwort der Kassendame in der Freien Tankstelle am Ratzeburger See kam schnell: "Der Chef ist zwar nicht da, das ist aber wohl kein Problem. Draußen neben der Waschanlage ist eine Steckdose." Als ich wieder zum Auto komme, steht ein Herr neben dem Auto und nickt anerkennend: "Alles schön, wo Sie da hinfahren. War ich schon überall, mit dem Wohnmobil. Bin 8 Monate im Jahr hier unterwegs, die restlichen 4 Monate im Winter bin ich auf Fuerteventura." Der Mann war 65 Jahre alt, sah aus wie 45 und war sichtlich mit sich im Reinen. Brigitte und ich packten die Roller aus und fuhren die restlichen 1,5 km in die Stadt, um den Dom zu besichtigen. Wir bekamen im Dom noch den Tip, den Kreuzgang nicht zu vergessen. Außerhalb des Doms gibt es noch einen fotografierenswerten Friedhof mit teilweise 300 Jahre alten Grabsteinen bzw. -kreuzen. Und auch die umliegenden Häuser sind teilweise sehr schön. Alles in allem ein lohnender Abstecher. Nach ungefähr 2 Stunden sind wir wieder beim Auto und es sind wieder rund 65 % im Akku. Die nächsten 70 km führen uns auf der B 208 auf schon sehr "alleenstraßenmäßigen" Gefilden zum heutigen Ziel, dem "Landhaus Streeck". Beim Einchecken ist der Chef nicht da, und die Dame an der Rezeption weiß nicht Bescheid, aber das macht nichts, wir wollen mit unseren übriggebliebenen 25 % Ladung sowieso vor dem Essen nochmal in die Weltkulturerbestadt Wismar. Dort angekommen rollern wir zum Marktplatz, an dem das alte Bürgerhaus "Alter Schwede" und die "Wasserkunst" zu sehen waren. Dann zieht es uns noch zum Alten Hafen. Dort findet Brigitte im Hafenbecken abertausende Quallen von winzig bis ganz schön groß, die ich durch die Sonnenbrille erst mal gar nicht sehen kann. Aber dann: wirklich eine an der anderen. Nach der Hafenrunde finden wir auf dem Weg zur Nikolaikirche noch a) ein "Warmbadehaus" (ob von da wohl die Warmduscher kommen?) und b) eine echte Lupo-Bekanntschaft. Wir rollern so durch eine der schönen Altstadtstraßen, als von weitem ein übriggebliebener Hippie (durchaus positiv gemeint!) im Eingang zu seinem Laden die typische Rollerantriebsbewegung imitiert, die Brigitte und ich gerade zwangsläufig zur Aufrechterhaltung des Vortriebs unserer Gefährte ausüben. Als ich das sehe, gebe ich meine Version des sterbenden Schwans auf dem Roller zum Besten, woraufhin der Knabe wirr zu kichern anfängt und uns fragt, wo wir herkommen. Als wir "Bayern" antworten, kommt ein "basst scho" von ihm, zwar erkennbar nicht bayrisch, aber es hat scho basst. Er fragt auch noch, wo wir denn hinwollen. Zu unserer besseren Orientierung bringt er uns aus seinem Laden einen kostenlosen Innenstadtplan und erzählt auch gleich noch, was wir uns alles anschauen sollen. Das haben wir zwar vorher schon abgehakt, aber trotzdem fand ich das extrem nett von ihm. Zum Ende unserer Runde durch die Wismarer Altstadt gehen wir noch in die Nikolaikirche, die sehr beeindruckend ist, eben weil sie nicht spektakulär ausgemalt ist, sondern im Prinzip recht schlicht, aber doch sehr groß ist. Und auch 10 m breite und 4 m hohen Klappaltäre, die im Krieg eingemauert wurden und dadurch die Bombardierung überstanden haben, sieht man nicht jeden Tag. Es wird auch an allen Ecken der Kirche renoviert. Eine so richtig renovierungsbedürftige Kirche haben wir direkt nebenan gefunden: St. Marien. Da steht einfach nur noch der Turm, das Schiff fehlt. Um ungefähr 19:15 fahren wir zurück zum Hotel und finden dort dann auch den sehr am E-Auto interessierten Chef des Hauses, der schon Kabeltrommel bei Fuß parat steht. Den gelungenen ersten Urlaubstag krönt ein leckeres Abendessen und jetzt:

Gute Nacht, Freunde, es ist Zeit für mich zu gehn. Und zwar in die Heia, die mir sehr viel bequemer als die Schlafgelegenheit im Zug aussieht.

                  

Speicherstadt Hamburg